Walk of Fame II - Film und Filmen in der Schule

Sehen was machbar ist!

Um zum zweiten Mal den WALK OF FAME entlang zu schlendern und Filmbegeisterte zu treffen hatten sich mehr als 50 Lehrerinnen und Lehrer und auch außerschulische Medienpädagogen und Filmexperten nach Hannover aufgemacht. Im Zeichen des Austauschs, des Entdeckens vom Machbaren im scheinbar Unmöglichen stand dieses zweite Fachtreffen, initiiert von filmlehrer.de.
Eingebettet in das 10. Int. Film Festival up-and-coming 2009 gestaltete sich die Veranstaltung offen und gab somit Raum für unterschiedliche Auseinandersetzungsmöglichkeiten der Teilnehmer mit dem Thema Filmbildung im Unterricht.

Im Open Screen, der dreistündigen Werkschau mit Schulfilmproduktionen, konnten die Teilnehmer und die Macher der eingereichten Schülerfilme selbige auf großer Leinwand im Kino sehen. Schulfilmproduktionen haben einen ganz besonderen Entstehungskontext – den Unterricht: der didaktisch-methodische Zugang, die Prozessorientierung, die Einbettung in curriculare Vorgaben. Oft kann man den Filmen nur gerecht werden, wenn eben dieser Zusammenhang deutlich wird. Das Open Screen gab diesen Filmen eben jenen äußeren Rahmen. Aus mehr als 100 Schülerfilmen wurden 22 ausgewählt und gezeigt, anmoderiert und erläutert. Daraus ergab sich ein Kaleidoskop an Machbarem, ein Querschnitt dessen, was Schule leisten kann: von Knetfiguranimation und Legetrick aus dem Kunstunterricht bis zur Dokumentation, einem Halbjahresprojekt eines Sozialwissenschaftkurses. Beispiele aus der Film-AG und aus Projektwochen waren ebenso zu sehen, wie Filme von einzelnen Schülern, die als Facharbeit oder aus einer Aufgabenstellung des Unterrichts heraus entstanden sind. Im Gespräch mit den jungen Filmemachern und ihren Lehrern wurde schnell klar: sie alle eint die hohe Motivation, die ihnen zugrunde lag und die sie beflügelt auch weiterhin Filme zu machen.

Im Open Space hatten die TeilnehmerInnen die Chance, sich über einzelne Bespiele aus der Schulpraxis genauer zu informieren. Insgesamt acht Gesprächsrunden standen zur Verfügung, in denen je ein Kollege oder Kollegenteam aus der schulischen und außerschulischen Medienpraxis von seinem Projekt berichtete, in das die Beteiligten hinter die Kulissen schauen konnten: Welche Rahmenbedingungen benötigte das Filmprojekt? Welche technischen Voraussetzungen müssen gegeben sein? Welche Einbettungsmöglichkeiten in den regulären Unterrichtszusammenhang bestehen? Vom Filmen in der Grundschule, einem Hauptschul-Medienprojekt, dem Film als Auseinandersetzungsmöglichkeit mit politischen Fragen und regionalgeschichtlichen Zusammenhängen, der prozessorientierten Aneignung eines Zentralabiturthemas durch das Medium Film, vom Film als eigenständiges Unterrichtsfach bis hin zum eigenen Schülerkino und Schülerfilmfestival reichte die Palette der Open Space – Gesprächsrunden.

 

In drei Workshops haben sich die Teilnehmer praxisnah mit dem Filmen in der Schule auseinandergesetzt.

Workshop 1: Handyfilme – neue Perspektiven aus der Hosentasche

Referent: Klaus Küchmeister, Kunstpädagoge und Medienlehrer am Gymnasium Meiendorf Hamburg

Ein rollender Blumentopfuntersetzer trudelt an einem Band gezogen über den Flur. Ein Prospektständer wirbelt durch den Raum, geschoben von einer jungen Frau, die sich sichtlich vergnügt, als ihre Kollegen sich erschrecken. Mit einer alten Autoantenne bewaffnet, irrt ein Mann durch den Raum, in dem sich Erwachsene lachend und glucksend einem kleinen rechteckigen Ding aus ihrer Hosentasche widmen – dem Handy, versteckt in und angeklebt an Alltagsgegenständen, immer auf der Suche nach der ungewöhnlichen Perspektiven.
Lehrerinnen und Lehrer setzen sich zunehmend mehr mit dem Filmemachen als Unterrichtsinhalt und als Methode auseinander, suchen nach Wegen und Möglichkeiten ihren Schülern einen Zugang zu diesem Medium zu gewähren, ihnen den ästhetischen Mehrwert des Handyfilms näher zu bringen. Der spielerische Zugang, der dabei Motivationen freisetzt, konnte von den Teilnehmern ebenso selbst erfahren werden, wie die Differenziertheit des Films als Ausdrucksmöglichkeit.
Nach einer Einführung in den Arbeitsbereich und einer Einbettung in die Rahmenpläne warf Klaus Küchmeister einen Blick auf die spezifischen Eigenschaften beim Filmen mit der Handykamera. Dabei war das Zeigen eigener Schülerproduktionen enorm hilfreich für das Verständnis und vor allem für das Sichtbarwerden des tatsächlich Machbaren.
In diesem Workshop wurden aber auch die Möglichkeiten des Handys als mobiles kreatives Werkzeug für bewegte Bilder praxisnah erprobt. Um das technische Potenzial der Apparate nutzen zu können, hat Klaus Küchmeister Übungen entwickelt, die mit ungewöhnlichen Kameraperspektiven neue, überraschende Blickwinkel provozieren und kleine Filmstücke entstehen lassen. Diese wurden von den Teilnehmern dann mit einem Programm wie z.B. „Movie Maker“ oder „iMovie“ digital geschnitten und präsentiert.
Die Teilnehmer lernten Methoden kennen, die von der Konzeption, über die Aufnahme und das Schneiden bis hin zur Präsentation eines „mobile movies“ reichten.

Ablauf des Workshops

  • Einführung in den Arbeitsbereich „Handyfilm im Unterricht“
  • Film- und Rahmenplan - Lernziele
  • Handyspezifische Eigenschaften beim Filmen
  • Exkurs: Handyfilm und Filmmontage - der „Kuleshov-Effekt“
  • Übungen aus der Unterrichtsarbeit mit Schülern
  • Bewertungskriterien für die Schülerfilme
  • Praktische Arbeit - Handyfilmsequenzen drehen und montieren
  • Präsentation der Ergebnisse
  • Präsentation von Handyfilmen aus der Unterrichtsarbeit

 

Workshop 2: Vjing – Filmkunst statt Kampfkunst

Referenten: Angelika Overbeck und Hannes Heller, Medienpädagogen des wienXtra Medienzentrums

Laute Beats dringen in den Flur. Irritierte Blicke des Hausmeisters wandern zur Tür des Seminarraums. Dahinter schauen eine Reihe von Lehrerinnen und Lehrern auf die Leinwand, auf der schwirrende Bildcollagen zu Elektrobeats einen Loop vollführen. In Kleingruppen arbeiten sie später an eigenen Bildideen, filmen Seifenblasen, Wackeldackel, Luftschlangen, experimentieren am Rechner mit Farben, Bildtransparenz und Überlagerungen. Im Zentrum des Vjings steht die visuelle Verschmelzung unterschiedlicher Medien zu einem sich immer wieder verändernden Gesamtkunstwerk. Digitale Fotos und Videoclips werden zu kunstvollen Bildercollagen gemischt und live zur Musik mit einem Videoprojektor gebeamt.
In diesem Workshop bekamen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen praktischen Einblick, wie ein Vj-Projekt methodisch aufgebaut sein kann, welche Hard- und Software benötigt wird und wie man relativ schnell mit Jugendlichen zu einem performativen Ergebnis gelangt. Mit viel Spaß an der Sache und aus viel Experimentierfreude wurde auch bei den Beteiligten am Ende des Workshops ein cooler Vj-mix!

Ablauf des Workshops:

  • Einführung in den Arbeitsbereich „Vjing“ - Gesamtkunstwerk Vjing
  • Übungen aus der medienpädagogischen Arbeit mit Jugendlichen
  • Einführung in die Software
  • Praktische Arbeit – VJ-Filmsequenzen drehen und montieren
  • Präsentation der Ergebnisse
  • Didaktisch-methodischer Einsatz in Unterricht und Schule

 

Workshop 3: Bewegte Bilder – Filmbildung in Schule und Unterricht

Einführung für Referendare und Studenten

Referenten: Adele Mecklenborg und Klaus Tomczak, Medienpädagogen des Medienzentrums der Region Hannover (MZRH)

Referendare des Studienseminars Hannover 1 und Studenten der Universität Hildesheim (FB Kulturwissenschaften / Szenische Künste und Medien) wagten den Schritt in die Medienpraxis für Schule und Unterricht und gewannen erste Einblicke in didaktische und methodische Zusammenhänge.

Filme sehen oder Filme machen - das bewegte Bild ist auch in der Schule allgegenwärtig, ob in Video-AGs, Projekttagen oder gar im regulären Unterricht, die Lehrpläne haben die Filmsprache mit in ihren Fundus aufgenommen, selbst das Zentralabitur macht vor dem Film nicht mehr halt. Welche Möglichkeiten das Medium für unterschiedliche filmische Vorhaben bietet, zeigte Adele Mecklenborg anhand einer Auswahl unterschiedlichster Filmprojekte, die im Unterricht entstanden sind. Dabei standen nehmen dem Unterrichtszusammenhang auch immer wieder der medienpädagogische Ansatz und die Rolle des Medienpädagogen / Lehrers im Vordergrund der Erläuterungen. Klaus Tomczak stellte den Einsatz von Filmen als methodisches Verfahren zur Aufbereitung von fächerübergreifenden Unterrichtsinhalten in den Mittelpunkt seiner Ausführungen.

Zwei Arbeitsschwerpunkte der Veranstaltung:

  • Filmen in der Schule - in Projekttagen oder unterrichtsbegleitend; von der Idee bis zum Film, Arbeitsschritte, Geräte / Equipment, Präsentation / Öffentlichkeit, Festival und Internet
  • Film in der Schule - der Einsatz von Film im Unterricht und seine methodisch-didaktische Bearbeitung anhand von Filmbeispielen; neue Möglichkeiten mit „Video-on-Demand“; Einsatz von interaktiver DVD.

 

Die Leuchttürme auf der Filmlandkarte verdichten sich. Das zweite Fachtreffen hatte den regen Austausch der Beteiligten zum Ziel, das Schauen, Staunen und Selbermachen waren Schwerpunkte der vielen Stationen, die WALK OF FAME II den Teilnehmern bieten konnte. Filmbildung in Schule und Unterricht ist kein Vorhaben, das hinter verschlossenen Schul- und Klassenzimmertüren ablaufen darf, sondern ebenso seine Öffentlichkeit braucht, wie das fertige Produkt. Die Diskussion um den Film und das Filmemachen im schulischen Kontext muss stärker in die außerschulische Diskussion einbezogen werden. Die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen benötigt einen öffentlichen Raum, der ihre Arbeit sichtbar werden lässt. Das Festival up-and-coming suchte genau diesen Rahmen zu geben, zugleich wurden alle von der Kreativität und der positiven Atmosphäre des Festivals aufgesogen.


Filme von jungen Menschen sind eben ganz großes Kino!

Herzlichen Dank an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Referenten und Workshopleiter sowie Gesprächspartner. Überstehen Sie schulsystem-immanente Durststrecken lassen Sie sich von der Routine des Alltags nicht überrollen! Machen Sie dann einfach mal das Licht aus und den Beamer an und schauen Sie ganz großes Kino in Ihrem Klassenzimmer!

19. - 22. November 2009

Begleitprogramm zum 10. Int. Film Festival up-and-coming 2009

 

Leitung:

Claudia Wenzel (filmlehrer.de)