Ein Schülerfilmprojekt zur Förderung der praktischen Filmarbeit in und um Hannover

April bis Juni 2010

Schülerinnen und Schüler aus vier Schulen der Stadt und der Region Hannover mischen den Bilder-Dschungel auf. Zusammen mit 13 Studenten der Universität Hildesheim arbeiteten sie von April bis Juni 2010 in Film AGs oder Wahlpflichtkursen an je einem gemeinsamen Filmprojekt zum Thema ‚Glauben machen‘. Volles Haus! - Die Premiere am 22. Juni 2010 fand in Anwesenheit aller Beteiligten im Kino im Künstlerhaus Hannover statt. Gefördert wurde das Projekt von der Klosterkammer Hannover.


Das Konzept

move the jungle! ist ein Projekt zur Förderung der Filmpraxis an Schulen in der Stadt und der Region Hannover.

Kooperationspartner:

Projektschulen:

Nach einer Ausschreibung in Stadt und Region Hannover wurden vier Schulen ausgewählt:

  • Gebrüder-Körting-Schule Hannover (Grundschule) > Film-AG (Klasse 2-4)
  • Helene-Lange-Schule Hannover (Gymnasium) > Theater-AG (Klasse 5-12)
  • Integrierte Gesamtschule List > Wahlpflichtkurs (Klasse 8)
  • Sophie-Scholl-Gesamtschule Wennigsen (KGS) > Wahlpflichtkurs (Klasse 10)

Kriterien bei der Auswahl der Schulen:

  • Durchmischung der Schulformen
  • gar keine bis wenige filmpraktische Vorerfahrungen der Schule / des Lehrers
  • mögliche thematische Einbindung der Filmpraxis in einen Wahlpflichtkurs oder einer AG

Projektziele aus Sicht der Schulen:

  • Aufbau und Unterstützung einer Film-/Video-AG mit Hilfe außerschulischer Experten
  • Didaktische, methodische und technische Hilfen bei der Umsetzung von Filmideen
  • Nachhaltigkeit in der Film- und Medienbildung
  • Filmvorführungen der ‚Selbstgedrehten‘ als Möglichkeit der Öffnung der Schule nach außen
  • Aufbau eines Netzwerkes von Schulen der Region zur Intensivierung aktiver Filmbildung

Projektziele aus Sicht der Studenten:

  • Planung und Durchführung eines Praxis-Projektes zur Filmbildung an Schulen
  • Nutzung der eigenen Filmkompetenz in medienpädagogische Arbeit mit Jugendlichen
  • Reflexion eigener Ziele hinsichtlich einer Berufsorientierung im Bereich Filmpraxis / Filmwissenschaft / Medien / Medienpädagogik

Voraussetzungen:

Das Sommersemester 2010 war für die Studierenden des FB Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis ein sogenanntes Praxissemester. Der Schwerpunkt der studentischen Arbeit lag auf der Realisierung eines umfangreichen Praxisprojektes zum Thema „Glauben machen“. 30 Studenten hatten sich für das einzige Medienpädagogische Projekt move the jungle! entschieden, 13 wurden ausgewählt.


Startschuss mit Klappe!

Ein Erfahrungsbericht von Vanessa Aab | Künstlerisch-wissenschaftliche Lehrkraft für besondere Aufgaben | Institut für Medien und Theater | Universität Hildesheim Veröffentlicht im Uni-Magazin 2010

„Hey, das wart doch ihr mit dem Computer!“ ruft entzückt die 8-jährige Cosima bei dem Blick auf eine manipulierte Filmsequenz, bei der Ton und Bild von den Studieren- den der Universität Hildesheim, die die Film AG an ihrer Schule leiten, vertauscht wurde. Die Erkenntnis, dass die filmische Realität stets eine konstruierte ist, stellt für Cosima und ihre Mitschüler ein Schlüsselerlebnis dar, zumal es auch sie selbst sind, die im Film mitspielten, die Kamera, Ton und Regie übernahmen. So werden nicht nur ihre Teamfähigkeit und Talente gefördert, sondern auch ein kritischer Blick auf den medialen Alltag geschult. Alles ermöglicht durch das Kooperationsprojekt „move the Jungle – Filmen in der Schule“.

Alain Bergala, französischer Filmemacher und Medienpädagoge, beschreibt die besondere Herausforderung bei der Integration von Filmbildung in die Schule mit dem Widerspruch von Kunst, deren Charakter ein sich stets widersetzender sei und der Institution, die durch feste Regeln und Zeiten bestimmt wird. Kreativität fördern und die widerspenstige Haltung – inhaltlicher und ästhetischer Natur – von Filmen lesen zu lernen, dies sind die Ziele einer Filmbildung, die in Frankreich seit Jahrzehnten vorangetrieben wird. In Deutschland tut man sich schwerer als im Land der Cinéphilen. Trotz verschiedener positiver Ansätze, Film in den Unterricht zu integrieren, geschieht dies immer noch vorrangig in seiner Mittlerfunktion, als Literaturverfilmung und Lehrfilm, selten wird er als eigenständiges Werk behandelt oder gar von den Kindern und Jugendlichen selbst produziert. Dabei ist gerade der Film fester Bestandteil der Alltagskultur von Schülern, die es zu verstehen lernen gilt. Gleichzeitig sollte man so früh wie möglich beginnen, auch den ästhetischen Blick von Kindern und Jugendlichen zu sensibilisieren. Ein entscheidender Schritt für diese Ziele ist neben der Vermittlung von Film als Kunst der Schritt in die Praxis. Dies scheitert oft an verschiedenen Hürden: Lehrpläne, die wenig Freiheiten lassen, kaum fachspezifische Ausbildung für Lehrer, akuter Geldmangel und somit das Fehlen von technischen Geräten an der Schule und nicht zuletzt die so langsam mahlenden Mühlen der Ministerien, die von der Einsicht bis zur Umsetzung nicht selten Jahre verstreichen lassen.

Dennoch, der Wille ist da, wie es zum Beispiel deutlich wurde auf der Tagung „Walk of Fame“, initiiert von der Bundesakademie Wolfenbüttel und dem Portal filmlehrer. de. Aus ganz Deutschland reisten im Februar 2009 Lehrer an, die seit Jahren ihre Filmbegeisterung gegen die Widrigkeiten des Schulalltags auf die Schüler übertragen und großartige Projekte auf die Beine stellen. Auch Insti- tutionen wie Medienzentren löschen einen Teil des Bedarfs von Fachkräften und Equipment und da gibt es noch wiederkehrende Events wie das in Hannover stattfindende internationale Filmfestival up-and-coming, das sich auf die jungen und die ganz jungen Filmemacher spezialisiert hat, deren Ergebnisse auswertet und prämiert und so maßgeblich zu der Förderung dieser Aktivitäten beiträgt. 2009 schlossen sich nun filmlehrer.de, up-and-coming, das Medienzentrum der Region Hannover und das Institut für Medien und Theater der Universität Hildesheim zu einer Kooperation zusammen, gemeinsam wollen wir unseren Teil zu einer nachhaltigen Filmbildung an Schulen in Niedersachsen beitragen. Die Kooperationspartner bündeln Ihre Stärken, so schaffen die medienpädagogische Pra- xiserfahrung des Medienzentrums, das filmästhetische und –praktische Vorwissen der Studierenden
und die Organisationsstruktur von filmlehrer.de undup-and-coming eine qualitativ neue Perspektive für die Filmbildung an Schulen.

Das Pilotprojekt startete dann mit finanzieller Unterstützung der Klosterkammer Hannover im Rahmen des Projektsemesters: Vier Schulen, die an lebendiger Film- und Medienbildung interessiert waren, jedoch außerschulische Unterstützung bei der Umsetzung einer Film-AG benötigten, wurden aus den zahlreichen Bewerbungen ausgewählt. Dabei wurden verschiedene Schultypen und Altersklassen gleichermaßen berücksichtigt: Es beteiligten sich neben einer Grundschule ein Gymnasium, eine Kooperative sowie eine Integrierte Gesamtschule. Die Studenten waren den Schülern bei der gemeinsamen Realisierung didaktische, methodische und technische Hilfe. Der Unterrichtsplan wurde von den Projektgruppen selbst erstellt und in je einer Unterrichtseinheit pro Woche in der Schule umgesetzt.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: fünf Kurzfilme zum Leitgedanken “Glauben Machen” sind entstanden und wurden am 22. Juni 2010 in einer großen Kino-Premiere im Künstlerhaus Hannover präsentiert. Nicht nur die Schüler haben wertvolle Erfahrungen aus dieser Zeit mitgenommen, auch die Studenten gewannen durch die Filmarbeit einen Einblick in die kulturvermittelnde Praxis, die ihnen neben der besonderen pädagogischen Herausforderung auch berufliche Zukunftsperspektiven erschloss.

Auch für uns Kooperationspartner hat sich gezeigt, dass wir ein zukunftsweisendes Konzept erstellt haben, das in den folgenden Jahren weitergeführt und ausgebaut werden soll – für alle Beteiligten gewinnbringend und eben erst in diesem Zusammenschluss ermöglicht.